100 Jahre Mercedes-Benz



Vaterliebe kann auch übertrieben werden, mag der
Beobachter der Mercedes-Geschichte denken: Da fährt der
Mann mit dem Namen seiner Tochter als Pseudonym
Autorennen, nennt sein Haus nach ihr - und nun trägt auch
noch der neue Wagen den Namen "Mercedes". Doch der
Spleen des Kaufmanns Emil Jellinek (1853-1918) erwies sich
im Rückblick als grandiose Marketing-Idee.

Selbst die Turbulenzen nach der Übernahme von
Chrysler durch die Daimler-Benz AG konnten Mercedes
bisher nicht schaden. Man wird im Jahr 2000 wieder einen
neuen Rekord erzielen, nachdem 1999 erstmals mehr als eine
Million Mercedes-Benz verkauft worden sind, sagt
DaimlerChrysler-Vorstandsmitglied Jürgen Hubbert, seit 1989
für Mercedes-Benz-Pkw verantwortlich.

Der Weg zur weltweiten Erfolgsmarke begann am
Bahnhof Bad Cannstatt. Der in Leipzig geborene Jellinek, der
in Baden bei Wien und in Nizza wohnte, wurde zum
Geschäftsbesuch bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft
(DMG) mit einem "Doppel-Phaeton" genannten Wagen
abgeholt. Der gefiel ihm. Doch dem passionierten Rennfahrer
waren sechs PS Leistung wenig und so forderte er von
Chefkonstrukteur Wilhelm Maybach nachdrücklich mehr
Power.

VOM KÄUFER ZUM HÄNDLER
Daraus entwickelte sich eine enge Geschäftsbeziehung,
in der Jellinek vom Käufer zum Händler wurde. Als er im
Jahre 1900 für 550.000 Goldmark gleich 36 Fahrzeuge des
neuen Typs orderte, machte er den Vorschlag, sie nach
seiner zehnjährigen Tochter Mercedes (1889-1929) zu
benennen (Mercedes35PS). "Eine geniale Idee", schwärmt
Hubbert, der aber auch die Bereitschaft der Daimler-Leute
lobt, Mercedes für alle Autos als Markennamen zu
übernehmen. "Da haben die alten Herren wirklich Weitblick
bewiesen": Heute wird der Wert der Marke laut dem
Mercedes-Chef auf fast 40 Milliarden Mark geschätzt.

Dem Mercedes Nummer eins folgten bis heute 19
Millionen Mercedes-Benz Pkw. Denn als 1926 die beiden
Unternehmen der Erfinder des Automobils
(Karl Benz/Mannheim und Gottlieb Daimler/Stuttgart) zur
Daimler-Benz AG verschmolzen, blieb der Markenname
Mercedes erhalten, ergänzt um das Wort Benz. Es folgten
eine lange Reihe berühmter Fahrzeuge: Sie reichte von den
Kompressor-Sportwagen wie dem SSK in den 30er Jahren
bis hin zum legendären Flügeltürer 300 SL von 1954.

MERCEDES MIT INTERNET-ANSCHLUSS
Personenwagen von Mercedes waren und sind
Technologieträger, die den Fortschritt in der
Automobiltechnik verkörpern. Das Potenzial des
Dieselmotors wird erst heute richtig deutlich, in Stuttgart
wurde die erste Sicherheitszelle mit Knautschzonen ebenso
entwickelt wie der Airbag. ABS und ESP gab es ebenfalls
zuerst im Mercedes. Jetzt arbeiten die Forscher an der
vorausblickenden Unfallvermeidung, in den USA wird im
nächsten Jahr jeder Mercedes einen Internet-Anschluss haben.

Den Wandel in der Markenphilosophie leitete Anfang
der 90er Jahre Hubbert ein. Waren es damals sechs, so bietet
Mercedes-Benz heute 13 Pkw-Baureihen mit 122
Modellvarianten an. Die Kunden sind im Schnitt vier Jahre
jünger als vor wenigen Jahren - wer heute Mercedes-Benz
hört, denkt nicht unbedingt an Bonzen oder Bauern im Diesel,
sondern vielleicht an Silberpfeile und Formel-1-Star Mika
Häkkinen.

100.000 Menschen bauen in sechs deutschen und drei
Werken im Ausland Personenwagen der Marke Mercedes-Benz.
Welchen Beitrag Mercedes-Benz zur Sanierung der angeschlagenen
Chrysler-Group leisten kann, steht zur Zeit im Mittelpunkt
vieler Überlegungen. Aber eins soll dabei unverrückbar gelten:
"Wer einen Mercedes bestellt, kriegt das Beste. Wo Mercedes
draufsteht, ist auch Mercedes drin", betont Hubbert.

Quelle: ZDF, DPA 12. Dezember 2000 DPA